Jagdpferde heute
Jagdpferde heute von Gabriel Rodenberg
Die Jagdreiterei hat sich über die letzte Menschengeneration zu einem Sport entwickelt, der in der Freizeit betrieben wird. Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Ausbildung der Pferde durch die Kavallerie leistungsmäßig bestimmt. Die Intensität der Reitausbildung war demzufolge eine viel höhere, als sie es heute im Bereich des Freizeitsportes ist. Dieser Tatsache passte sich damals die Pferdezucht an, und sie muss es in gleichem Maße heute auch tun. Das heißt für uns als Züchter und Reiter, dass in unserer Zeit Reitpferde gezogen und ausgebildet werden müssen, die den Ansprüchen der Reiter in Bezug auf Exterieur, Ausbildung und vor allen Dingen Interieur entgegenkommen und entsprechen.
Ich halte es in der Zucht für ganz wichtig, bei den Elterntieren auf einen ausgeglichenen Leistungsindex zu achten. Das heißt in der Praxis, dass man in erster Linie keine Pferde einsetzt, die nur einseitig begabt bzw. in einer Sparte übertalentiert sind. Ich habe bei der Auswahl der Anpaarungen immer auf einen ausgeglichenen Dressur- und Springindex, der möglichst hoch liegt, geachtet, und die Resultate scheinen mir Recht zu geben. Was ich leider am Index nicht erkennen konnte, sind die Interieurwerte. Dieses Problem habe ich durch Gespräche mit verschiedenen Züchtern gelöst, um herauszufinden, wie sich das Interieur der Eltern bei den Fohlen manifestiert. Die übrigen Komponenten, um als Ergebnis ein gutes Jagdpferd zu erhalten, sind Aufzucht, Fütterung und Ausbildung.
Ich habe in meiner züchterischen Laufbahn auf drei Grundlinien aufgebaut: Bei den Stutenlinien waren es vor allen Dingen die Linien des Hannoveraner Hengstes Körling, der über Komet und Kobold II sehr rittige, willige und springbegabte Reitpferde produziert hat. Auch über Kobold I, den Bruder des Kobold II und Vater von Kolibri haben sich diese Reiteigenschaften gut weiter vererbt. Des Weiteren habe ich Stuten aus der Linie des Staatsprämienhengstes Adriano, der auf den Hannoveraner Adept/Archimedes zurückgeht, eingesetzt. Adept führt im fallenden Stamm Englisches Vollblut über den Hengst Alciglide XX. Als dritte Linie in meiner Zucht existieren die Nachkommen der Mutterlinie der Brända, die von dem Brandenburger Hengst Bravo/Brack abstammt. Diese drei Linien verpaarte ich mit dem Oldenburger Hengst Babylon von Barley Hill XX, der im fallenden Stamm Anglo-Normannisches Blut führt. Barley Hill ist ein Bruder des Blueberry Hill, der von Bettina Hoy erfolgreich in internationalen Geländeprüfungen geritten wurde. Babylons Nachkommen zeichnen sich vor allem durch Leichtrittigkeit und gute Vorwärtsbewegung im Gelände aus. Damit will ich deutlich machen, dass für Jagdpferde ein gewisser Vollblutanteil gut war und ist, aber zu viel davon wiederum nicht förderlich für das Interieur ist.
Bei der Auswahl eines geeigneten Jagdpferdes sollte der Reiter darauf achten, dass sich das Pferd in einer guten gesundheitlichen Grundkondition befindet. Die sportliche Ausbildung bei einem Pferd, das schnell zum Einsatz gebracht werden muss, sollte einem Ausbildungsstand zwischen A und L für Vielseitigkeitspferde entsprechen. Ist das nicht der Fall, muss die weitere Ausbildung in geeignete Hände gelegt werden. Ideal ist es für solche Pferde, wenn man die sportliche Ausbildung mit dem Training an der Meute kombinieren kann. Ein gutes Jagdpferd, auch wenn es nicht in der Equipage geritten wird, soll unbedingt an Hunde gewöhnt sein.
In der Kombination dieser beiden Faktoren habe ich sehr viele gute Ergebnisse, selbst bei nervösen Pferden, erreicht. Auch wenn das Pferd in der nachfolgenden Zeit nicht als Equipagepferd eingesetzt wird, hilft die Arbeit an den Hunden. Vor allem Pferde, die im Turniersport überarbeitet und sauer geworden sind, finden auf den normalen Boden der Reiterei zurück.
Eine sehr wichtige Erfahrung habe ich mit dem Anspannen von Jagdpferden gemacht. Im Fahrsport wird dem Pferd ein hoher Grad an Unterordnung, Durchlässigkeit und gymnastischer Ausbildung abverlangt. Dazu gehört vor allen Dingen auch die Ausbildung im Schritt. Dieser ist für beide Sportarten, Fahren und Jagdreiten, von eminenter Wichtigkeit. Meine Jagdpferde habe ich bis zum Sechserzug und oft im Vierergespann dressurmäßig und im Gelände gefahren. Die maßgeblichen Faktoren der Pferdeausbildung sind aber immer: Zeit, Geduld und Ruhe kommt Tierliebe dazu, ist das Ideal erreicht!
Beliebte Jagdpferdrassen (Hunter): Irish Hunter, Irish Draught Horse, Irish Sport Horse; Cleveland Bay Partbred; Connemara Partbred; Thoroughbred/Englisches Vollblut; alle europäischen Sportpferderassen; Anglo-Araber und Shagya; New-Forest-Pony; Welsh-Pony und Cob; Reitpony.
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